Sonntag, 5. Oktober 2014

Sowas darf ein Künstler nicht... oder?

Dabei dürfen Künstler doch scheinbar so viel, da man ihnen ja immer diese eine, besondere Freiheit andichtet. Allerdings scheint es in der Realität bisweilen an ganz einfachen Dingen zu klemmen.
Denn trägt der Künstler Getränkeflaschen hin und her oder scheuert Böden, um zu überleben, dann ist das ganz in Ordnung. 

Fast als gehöre er da ja auch hin, in den Hilfsjob.
Wie in Spitzwegs Gemälde gehört der Künstler in die kalte Dachkammer, unter das undichte Dach. 

Dort stört er niemand und darf hungernd seine Taten vollbringen.
Dort stört es keinen, wenn er dann mal seltsame oder sogar gesellschaftskritisches, wirres Zeug redet. Die Dachkammer nimmt ihn ja ernst.
Auch der Galerist tut dies normalerweise zu 50% , denn das ist die übliche Provision, die ein solcher sich aus den Verkäufen nimmt.
Dafür nimmt er oder sie auch mal das Gerede des Künstlers auf sich, man will ja auch leben.

Doch wehe er setzt sich einen Fecht-Hut auf und "schlägt" sich auf diese Weise fechtend durchs Leben. Genau dann ist er nicht mehr länger ernstzunehmen und kann nicht mehr länger Künstler genannt werden, sagte mir ein ernstzunehmender Galerist einmal im Stillen.
Sie lesen es schon in der Kunst wird viel genommen! 

Sogar bisweilen der so hoch gelobte, unentbehrliche Ernst und man kommt zu folgender Überlegung.
Soll man also lieber die Straße kehren, auf die Huld des Galeristen warten und die Klinge beschämt weglegen... oder doch...!?

Aber vielleicht darf ich als (nicht mehr ernstzunehmender) Künstler ja noch 
ein paar Worte mitreden...  
Wie in meinem Fecht- Blog vor längerer Zeit schon geschrieben:
 http://fecht-hut.blogspot.de/2013/09/two-arts-in-one-combinedimpossible.html
ist es durchaus kein Widerspruch zwei scheinbar ganz unterschiedliche Künste unter einem breitkrempigen Hut zu vereinen.
Denn diesen Hut trage ich schon sehr lange und weil ich es will, nicht um jemand anderes, der mich kein bisschen interessiert, zu kopieren.
Also ist es nicht der Hut der einem die geistige Tiefe nimmt.
Ebensowenig wird man wohl über Nacht zum Kretin, nur weil man andere trainiert sich körperlich auf hohem Niveau bewegen und sich auf diese Weise sein Zubrot erficht. 
Es sei denn Caravaggio, Dürer und Shakespear hätten alle ihre Werke schnell noch vor ihren ersten Fechtstunden vollbracht.
Ja, aber...!?
Die beiden Künste haben keine Berührpunkte?

Im Gegenteil freischaffende Künstler und Autoren haben eine lange gemeinsame Geschichte mit dem Fechten, der europäischen Kampfkunst.
Wie sonst konnten Shakespear und Dumas die Fechtszenen so gut und lebendig beschreiben?
In Büchern die zu den besten der Weltliteratur gehören, nebenbei bemerkt.

Und wer wollte Michelangelo Merisi da Caravaggio oder Albrecht Dürer die Künste absprechen?
Weil der eine ein fechtender, italienischer Barockmaler war, dessen wunderbar gemalte Judith (den Holofernes köpfend) unvergessen ist, und der andere zu seinem grandiosen Selbstportrait, seinen betenden Händen, seinem Ritter Tod und Teufel, auch ein grandioses Fechtbuch geliefert hat?
Wohl kaum.
Was es mit dem Fechten für mich persönlich auf sich hat?
Fecht-Hut Foto mit Ingo Litschka
Einerseits hat mich das Fechten immer neu inspiriert und etwas diszipliniert, was mir in der Kunst oft fehlte.
Andererseits kam mir mein räumliches Vorstellungsvermögen und die Fähigkeit Bilder lesen zu können bei der Rekonstruktion und in der Zeit des Fechten- lernens immer zugute.
Dann fielen in dieser Zeit auch sehr viele Vorurteile und Entscheidungen, die meine Kunst wiederum veränderten.


Konstruktivismus von Ingo Litschka
 So begann ich auch hier neue Wege zu gehen und manche Vorgaben, vor allem die der Galeristen, zu verlassen, denn deren Weg schien mir immer mehr wie ein zu eng geschnürtes Korsett.


das Fürchten zu lernen, eine Interpretation Grimms Märchen von Ingo Litschka
Manchmal muss man eben alles auf den Kopf stellen und sich neu erfinden, um einen Weg sinnvoll weiterzugehen, wobei der Sinn sich zuerst  mir erschließen muss...
So hat das Fechten indirekt auch ein paar Vokabeln zu den neuen Arbeiten geliefert, z.B. in der Serie der goldgelben Schatten, was unerwartet sein mag aber doch nachvollziehbar ist, wenn man die Farbe dieser Serie als Schlüssel zum Schloß nimmt.
Bei den Grimmschen "Märchen"bilder sind die Schlüssel andere, doch sind die Bilder  mitunter durchs Fechten verändert worden. Sie haben eine neue Sprache erhalten, einen eigenen Klang, der nicht von ungefähr ein bisschen Biedermeier daherkommt.
Die Gemälde stellen selbst leise Fragen und antworten darauf nur verschlüsselt. 
Das scheint ein einseitiges Geschäft zu sein, bei der eine Seite nur in Rätseln spricht. 
Aber was ist im Leben schon wirklich fair?
Vielleicht verrät es ja die Gegenseite? 

Die mit dem körperlicheren, klingenhuldigenden Blog!?
http://fecht-hut.blogspot.de/2015/05/zwei-kunste-ein-buch.html

Mehr dazu in amazon:
Sachbuch über die Beziehung zwischen Kunst und Fechten, eine kleine Hassliebe...
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1 Kommentar:

  1. Neue Wege zu gehen, gerade in der Kunst, sollte doch der Normalzustand sein? Alles andere wäre ja immerfort dasselbe abzubilden, zu zeigen, darzustellen, in Melodien zu gießen... Kunst in egal welcher Form zu schaffen und durch - welche auch immer - anderen Faktoren umzubestimmen, zu verändern, einen anderen Weg zu gehen, das ist Schaffenskraft! Ob nun eine weibliche Muße einen Künstler führt oder er sich durch eine Klinge führen lässt - das ist in meinen Augen egal - wichtig ist das, was herauskommt und wie es ankommt. So hat auch ein Freund von mir, ein sehr bekannter Fotograf und Kriegsberichter, einen neuen Weg eingeschlagen, indem er sich um alte Fototechniken kümmerte und mit Säuren, Silber und Glas ganz neue Foto-Welten schafft... Ich wünsche beiden: Ingo und Steffen viel Erfolg und die Anerkennung, die sie beide verdienen. Apollon sei mit Euch! MP aus KA

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